Stimmen aus der GCS: Merdassa Kassaye, GCS Social Work Department

Wir fragen nach und Mitarbeiter*innen, Schüler*innen und Student*innen der GCS antworten: „So erleben wir Corona in Äthiopien und in der German Church School …“. Heute: Merdassa Kassaye, Sozialarbeiter an der German Church School

Merdassa Kassaye ist Mitglied im Management Board der GCS und arbeitet im Social Work Department der GCS. Er initiiert und leitet seit Jahren insbesondere auch GCS-Schulprojekte, die den Schülerinnen und Schülern neben dem normalen Schulunterricht auch zusätzliche handwerkliche, technische und soziale Erfahrungen und Kompetenzen vermitteln und die auch Spaß machen. Viele Paten, die die German Church School schon einmal besucht haben, haben ihn sicher schon getroffen. Nachfolgend der englische Orginaltext von Merdassa Kassaye, Übertragung von Barbara Reske. Und so sieht Merdassa die derzeitige Situation:

Covid 19 – “I need some Space!”:
These days We often say ‘’keep your social distance’’! That could refer to the physical one. It is obvious that the physical space dominates the space discourse. When we come to the German Church School compound, we repeatedly love to say that the GCS has small physical space. Well this is undeniable fact, in comparison to other schools in Addis. While the school is struggling modifying the physical space we have right now, covid-19 came to tell us that it needs more physical space “social distancing” 2 meter and so on. That is going to be the issue which is waiting for us if Corona is going to stay among the humanity for the coming years as many predict. Thus, it will affect the future school and classrooms.

I would also refer to a space where people come together and share their great idea in the time of challenge like we face today. I am not referring only to the physical space because space is how we perceive and interpret it. There is another space which I believe we all share in the time of such difficulties, that is found in our heart! The new way of greetings demonstrates that: we through our eyes directly to the person’s eyes and we put our arm on our heart. Meaning I pass my heartful greetings although I don’t hug you or shake your hand.

As we all meet every day especially those who work in the office at GCS. We are daily organizing and dispatching all the support donated to our students from the fosterparents be it in cash or kind, hearing their new problem is the daily task of the staff. Without a good coordination of different hearts, such an emergency work cannot be effective. It is our wish and commitment that we share our heart to those who are in great need. Corona does not crowd out our good intention for others, rather it gives us the opportunity to widen our heart although we have a small compound, or we do not touch each other physically. The GCS community is pouring out all its heart, mind and soul to be with the people who lost their close family members, friends, relatives and colleagues all around the world, which some hear it like a myth.

COVID 19 – “Auch ich brauche Abstand!”:
Derzeit sagen wir oft “Halte Maßnahmen zur räumlichen Trennung ein!” Das kann zunächst räumlich gemeint sein. Es ist offensichtlich, dass die tatsächliche räumliche Dimension den aktuellen Raumdiskurs dominiert. Auf dem Compound der GCS sagen wir oft und gerne, dass es dort durchaus recht eng zugeht. Ja, das stimmt ganz sicher, auch im Vergleich mit anderen Schulen in Addis haben wir nicht so viel Platz. Während also die Schule mit der herrschenden Raumknappheit kämpft, mehrfach auch verfügbaren Raum umverteilt, hat sich COVID-19 zu uns reingeschlichen und uns gelehrt, dass es einen Raum von zwei Metern braucht, um die räumliche Abstandsregel zu befolgen. Das wird uns für mehrere Jahre beschäftigen, wenn denn die Vorhersagen stimmen und wenn Corona somit auch noch für zukünftige Zeiträume Raum einnimmt, real und in der Diskussion. Corona wird Unterricht, Schule und Klassenzimmer auch zukünftig in Trab halten.

Ich möchte mich auch zu dem Raum äußern, in dem Menschen zusammenkommen und ihre Gedanken tauschen in einer Zeit großer Herausforderungen, wie wir sie derzeit erleben. Dabei beziehe ich mich jetzt ausdrücklich nicht auf den physikalischen Raum. Raum definiert sich als der, den wir so und so erfassen und interpretieren. Es gibt einen weiteren Begriff von Raum, den wir in einer so schwierigen Zeit meiner Meinung nach miteinander teilen und dieser Raum ist in unseren Herzen! Der neue Weg, wir wie uns begrüßen und Abschied nehmen, zeigt das nachdrücklich: Mit unseren Augen grüßen wir unser Gegenüber direkt in und durch dessen Augen und wir legen unseren Arm auf unser Herz. Das meint, dass ich mein Gegenüber herzlich grüße, ohne es direkt zu umarmen oder seine Hand zu schütteln.

Wir treffen, nein, begegnen uns jeden Tag, besonders diejenigen von uns, die in den Büros der GCS arbeiten. Jeden Tag organisieren wir Dinge und geben die Unterstützung – in Form von Birr oder Sachen – an unsere Schüler weiter. Die Paten der Schüler ermöglichen dies durch ihre finanzielle Unterstützung. Jeden Tag erfahren wir dabei von neuen Problemen der Kinder und Familien. Das ist derzeit die Aufgabe von uns als den Erwachsenen an der GCS. Ohne eine gute Begegnung und Abstimmung verschiedener Herzen könnte die Arbeit in harten Zeiten nicht ihre Wirksamkeit entfalten. Es ist unser Wunsch, unser unermüdlicher Einsatz, dass wir unsere Herzen zusammenbringen, im Gleichklang schlagen lassen für die, die in großer Not leben. Corona verdrängt nicht unseren Einsatz, unser Wohltun für andere, sondern gibt uns vielmehr die Möglichkeit, unsere Herzen noch größer werden zu lassen, obgleich unser Compound hier, wo unsere GCS steht, klein ist oder auch, mit anderen Worten ausgedrückt, obwohl wir uns derzeit körperlich nicht berühren, selbst nicht die kleinen Finger sich direkt grüßen lassen. Die Gemeinschaft der German Church School gibt ihr ganzes Herz, ihren ganzen Verstand und ihre ganze Seele, um direkt bei den Menschen zu sein, die einen nahen Familienangehörigen verloren haben, Freunde, Verwandte und Kollegen überall in der Welt – das klingt für manche wie ein Mythos, wie ein Märchen, ist es aber nicht. Das ist alles wirklich so.

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